Grünpflegetrends
Automatisierung rund um den Rasen
Text: Christine Lendt | Foto (Header): © Nick Beer – stock.adobe.com
Zu hoher Zeitaufwand und nicht mehr im Sinne des Klimawandels – auch aus diesen Gründen setzen sich Automatisierungsprozesse sowie innovative Ideen und Geräte auch bei der Gartenarbeit zunehmend durch. Wie Sie als Hausmeister und Ihr Arbeitgeber davon profitieren können, verrät unser Überblick.
Auszug aus:
DER HAUSMEISTER
Praxis – Technik – Sicherheit – Recht
Ausgabe Mai 2022
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INHALTE DES BEITRAGS
Smart Gardening als Trend
Nachhaltiges Bewässern
Der Kostenfaktor
Forschung und Entwicklung
Ein Finger tippt auf den Button „Regner Rasen Mitte“, schon kommen vier kleine Wassersprenger aus der Grünfläche hervor und beginnen rotierend, den perfekt gewachsenen Rasen zu beregnen.
Mit einer weiteren Schaltfläche lässt sich der bereitstehende Mähroboter aktivieren und steuern, andere Klicks sorgen für Musik aus im Beet versenkten Outdoor-Lautsprechern und schalten eine heimelige Allwetterbeleuchtung ein.
So sieht einer der Themengärten auf dem Gelände der Landesgartenschau 2018 in Würzburg aus. Zeit sparen, dieser Gedanke steht u. a. dahinter. Gestaltet wurde die innovative Grünanlage von dem Architekten Claus Arnold und Gartenbaumeister Alexander Seufert.
Smart Gardening als Trend
Weniger Gartenarbeit dank automatisierter Abläufe, darauf basiert Smart Gardening. Zur Grundausstattung gehören i. d. R. Bewässerungssysteme und Sensoren sowie autonome Mähroboter, die sich per App oder Sprachsteuerung bedienen lassen und über ein Gateway-Modul auch untereinander austauschen können.
Erweitern lässt es sich u. a. mit Smart Power-Zwischensteckern für Beleuchtung, Teichpumpen, Wasserspiele oder eine Soundanlage.
Es verhält sich ähnlich wie bei den schon weiter verbreiteten Smart Homes, in denen sich viele technische Abläufe von einer zentralen, mobilen Station aus digital steuern lassen. Dieser Trend erobert auch die Gärten, weil viele Privatleute kaum noch Zeit und Muße haben, z. B. regelmäßig ihre Pflanzen zu gießen.
Sensorik ersetzt Sichtkontrollen
Auch Hausmeister können ein Lied davon singen. Ohne Automatisierung gibt es bei sich oft wiederholende Aufgaben wie dem Rasenmähen oder der Pflanzenbewässerung nur zwei Möglichkeiten:
1. Entweder erledigt man sie in einem regelmäßigen Turnus, was häufig dazu führt, dass solche Arbeiten zu oft oder zu selten erfolgen und der Garten somit nicht optimal gepflegt wird.
2. Oder man ermittelt den Bedarf ständig per Sichtkontrolle, was wiederum extra Zeit kostet.
Letzteres lässt sich durch den Einsatz von Sensorik verhindern. Das digitale System ersetzt die Sichtkontrollen, sodass die Arbeit bedarfsgerecht geplant werden kann. Automatische Bewässerungssysteme können so programmiert werden, dass sie den Garten genau mit der Menge an Wasser versorgen, die die Pflanzen benötigen.
Elektronische Helfer
Zum Gesamtpaket eines smarten Gartens gehören auch elektronische Helfer wie insbesondere Mähroboter. Auch sie tragen dazu bei, den Arbeitsaufwand zu verringern.
Solch ein digitaler Geselle beginnt zu einer Zeit, die sich vorab einstellen lässt, mit dem Mähen. Sogar bei längeren Abwesenheiten kann er sich um die Rasenpflege kümmern. Hier hat sich die Technik in den vergangenen Jahren noch weiter entwickelt. Moderne Mähroboter gleiten auch problemlos über Buckel und Steigungen, können Hindernisse erkennen und lenken auch um, wenn es zu eng wird. Nur leise surrend, sind sie normalerweise zu jeder Tages- und Nachtzeit einsetzbar. Obendrein schonen sie die Umwelt und helfen dabei, Energie zu sparen.
Je nach Modell kann allerdings ein Nachteil sein, dass einige Roboter keine Tiere wie z. B. Igel erkennen, worauf Naturschützer hinweisen. Dies sollten Sie bei der Auswahl des Geräts und dessen Einsatz unbedingt bedenken – ganz besonders auch, wenn sich kleine Kinder auf dem Gelände aufhalten.
Digitales Planen
Dieser Trend beginnt inzwischen oft bereits bei der Gartenplanung mit u. a. vollautomatisierten Vermessungssystemen, die schon länger gang und gäbe sind. Innovativ ist die 3D-Präsentation mit einer Virtual-Reality-Brille.
Wer sie aufsetzt, kann z. B. über seinem geplanten Garten den Himmel verändern, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie alles bei Sonnenlicht und Bewölkung aussieht.
Genauso ist es möglich, Flammen in einer Feuerstelle lodern zu lassen und den Garten mit anderen Emotionen zu verbinden, um letztlich eine optimale Gestaltung zu erreichen.
Nachhaltiges Bewässern
Die Arbeitsbelastung von Beschäftigten in der Grünpflege nimmt auch infolge des Klimawandels zu. Immer häufiger kommt es zu langen Trocken- oder gar Dürreperioden, während denen die Pflanzen umso mehr Bewässerung benötigen. Entlastung bringen automatische Beregnungsanlagen. Solche Anlagen bringen neben der Zeitersparnis noch weitere Vorteile:
■ Sämtliche Pflanzenarten und Rasenflächen bekommen die jeweils individuelle Menge, die sie benötigen.
■ Das Wasser wird genau nach Bedarf verbraucht, also sparsamer als bei der manuellen Bewässerung.
■ Das Wasser wird auch nachts oder am frühen Morgen gleichmäßig verteilt, wenn es kaum verdunstet.
■ Das Schleppen von Gießkannen, Entrollen und Aufrollen von Schläuchen entfällt.
■ Dies spart auch Platz im Garten bzw. im Lagerraum.
Intelligente Beregnungsanlagen
In der Nachhaltigkeit sieht auch Gartenbaumeister Alexander Seufert einen Grund dafür, dass Smart Gardening im Trend liegt. „Der Beregnungscomputer hat einen Internetzugang und ruft selbstständig die Wetterdaten ab“, erläuterte er bei den Vorbereitungen des modernen Themengartens für die Bundesgartenschau.
Demnach schaltet sich die Anlage erst ein, wenn Wasser wirklich nötig ist. Wenn sich Regen ankündigt, macht der Rasensprenger Pause, denn dann meldet dies ein Regensensor und der nächste Bewässerungszyklus wird ausgesetzt. Auf diese Weise lassen sich sowohl Wasser als auch Strom sparen.
Nach Einschätzung des Experten werden die digitalen Anlagen für den Garten immer cleverer. Luft nach oben gibt es offenbar trotzdem immer noch. „Die verschiedenen Systeme sprechen noch nicht gut genug miteinander“, ist er überzeugt.
Auswahlkriterien
Zu unterscheiden sind drei Arten von Bewässerungssystemen:
■ Rasensprenger
■ Tröpfchenbewässerung
■ unterirdische Bewässerung
Diese Systeme werden häufig noch analog betrieben, im Zuge des Smart Gardenings aber auch immer öfter digital.
Neben dem klassischen Rasensprenger kennen viele die Tröpfchenbewässerung. Dabei sind an Schläuchen in regelmäßigen Abständen Auslässe angebracht, über die nur geringe, exakte Wassermengen abgegeben werden – weitgehend unabhängig vom Druck in der Rohrleitung.
Bei einer automatischen unterirdischen Bewässerung handelt es sich um ein fest und stationär installiertes System, bestehend aus einem Rotor- und Sprüh-Versenkregner oder einem Tröpfchenschlauch.
Ausgestattet mit einem Regensensor und über den Computer bzw. das Smartphone gesteuert, erfolgt diese Bewässerungsmethode komplett autonom.
Der Kostenfaktor
Grundsätzlich gilt: Wer sich ein automatisches Bewässerungssystem anschaffen möchte, sollte gut planen und die örtlichen Gegebenheiten schon vor der Installation gut kennen.
Fehler oder unsinnige Entscheidungen führen dazu, dass sich der Aufwand am Ende gar nicht lohnt. Natürlich gilt es auch die Kosten abzuwägen. Diese können stark variieren.
Ausschlaggebend ist u. a. die Größe der Grünfläche bzw. des Gartens: Je mehr Fläche, desto mehr Regner, PE-Rohre und Magnetventile müssen installiert werden. Letztere wiederum sind maßgeblich für die Anzahl der Anschlüsse, die der Bewässerungscomputer benötigt.
Muss das System große Distanzen abdecken und entsprechend weite Entfernungen zwischen den Regnern, so sind auch größere Durchmesser bei den PE-Rohren einzuplanen. All diese Faktoren können den Preis in die Höhe treiben, wenn viele Elemente und Bauteile erforderlich sind.
Die Installation
Hinzu kommt, dass ein automatisches Bewässerungssystem von Profis installiert und gewartet werden sollte. Entsprechend spezialisierte Firmen verfügen über das Know-how bezüglich Hydraulik, ordnungsgemäße Anordnung, Wasserbedarf der Pflanzen und Böden.
Das kostet zwar extra, sichert aber bei einer seriös arbeitenden Firma auch, dass das System effizient ist und gut funktioniert.
Rentiert sich das Umrüsten?
Auch wenn die Investition zunächst ziemlich zu Buche schlagen kann, ist andererseits die langfristige Rentabilität zu betrachten – spart doch eine automatisierte Bewässerung auch jede Menge Zeit, Arbeitsaufwand, Wasser und Strom. Zudem bleiben die Pflanzen damit von Dürreschäden oder anderen Folgen einer unangemessenen Bewässerung verschont und müssen – zumindest aus solchen Gründen – nicht mehr ersetzt werden.
Billig ist der Umstieg vom analogen zum digitalen Garten nicht, bestätigt Alexander Seufert. Es hängt jedoch auch stark vom konkreten Einzelfall ab. Rund 7,87 Mrd. Euro beträgt der Branchenumsatz im Garten- und Landschaftsbau jährlich.
Mehr als die Hälfte davon investieren private Auftraggeber, wie der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) mitteilt. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Der Grund: Viele Menschen haben mehr Geld und zugleich weniger Zeit für ihren Garten, so ein Fazit des BGL.
Forschung und Entwicklung
Wie es mit der Automatisierung beim Gärtnern weitergehen könnte, zeigt sich z. B. auf dem Bildungscampus Heilbronn. Hier entwickeln Wissenschaftler weiterführende Lösungen mit Sensorik und Robotik.
Daraus resultierende Prototypen können bei der Grünpflege auf dem Bildungscampus eingesetzt – mit reduziertem CO2-Fußabdruck – und damit zugleich getestet werden.
Interviews mit Experten aus der kommunalen Grünpflege tragen dazu bei, den aktuellen Stand der Digitalisierung in diesem Bereich sowie Ansatzpunkte zur Automatisierung zu ermitteln. Zu diesem Zweck identifiziert das Team vor allem sich wiederholende und zeitaufwendige Arbeiten – mit reduziertem CO2-Fußabdruck.
Es wird dann geprüft, für welche Arbeiten der aktuelle Handlungsbedarf durch Sensorik ermittelt werden kann und welche Arbeiten automatisiert durch Roboter ausgeführt werden können (www.smartcampus.hn).
Die Autorin
Christine Lendt ist freie Journalistin und Buchautorin aus Hamburg. Ein großer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Bereich Arbeitsschutz, Gesundheit und Ausbildung/Beruf.
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