Branchen-Interview

Um unsere Ziele zu erreichen, werden wir bis nach Berlin gehen

Text: Andrea Schneider | Foto (Header): © Burgschweiger

Von fatalen Fehlern, die Hausverwaltungen bei der Beauftragung eines HMS teuer zu stehen kommen können, und dem Ziel, den Hausmeister zum Ausbildungsberuf zu machen: Mit dem HBVD gründete sich ein Bundesverband, der große Ziele hat. Wir baten den Vorsitzenden Dirk Burgschweiger zum Interview.

Auszug aus:

DER HAUSMEISTER
Praxis – Technik – Sicherheit – Recht
Ausgabe Mai 2024
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Der Hausmeister: Guten Tag Herr Burgschweiger. Sie sind 1. Vorsitzender vom Hausmeister/Haustechniker Bundesverband Deutschland. Der HBVD wurde 2021 von sieben Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen, tritt aber erst seit diesem Jahr in die Öffentlichkeit. Warum die lange Findungsphase?
Dirk Burgschweiger: Frau Schneider, wir alle organisieren den Verband neben unserem Business und unserem (wenigen) Privatleben. Da kann es schon mal etwas dauern. Und wenn wir etwas tun, dann wollen wir es richtig machen. In diesem Fall brauchte es Geduld dafür.

Nun möchte der HBVD aber deutlich durchstarten. Im Januar 2024 veröffentlichten Sie auf Instagram ein provokantes Video, das Vermietern und Verwaltern eher untypische Fragen stellte. Worum ging es darin genau?
Jeder, der einen Betreuungsauftrag oder einmaligen Auftrag zu vergeben hat, fragt immer als Allererstes nach dem Preis. Ob der Hausmeisterservice eine Betriebshaftpflichtversicherung, ein polizeiliches Führungszeugnis nachweisen kann, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister oder gar eine Gewerbeanmeldung wird überhaupt nicht gefragt.
Aber was ist, wenn der Dienstleister an der Immobilie etwas beschädigt oder zerstört? Sehr oft bekommen die Dienstleister Schlüssel in die Hand und kommen überall rein. Da fragt keiner nach dem Leumund. Ein fataler Fehler, der dem Verwalter oder Immobilienbesitzer richtig teuer zu stehen kommen kann. Deshalb treten wir für eine Erlaubnispflicht nach § 34C Gewerbeordnung ein. Denn auch ein Makler, Verwalter oder Bauträger braucht die. Warum nicht der Hausmeisterservice, der auch jeden Tag mit Millionensummen hantiert?

Viele wichtige Punkte. Wie fielen denn die Reaktionen auf das Video aus?
Wie zu erwarten: sehr gemischt. Die einen wurden durch unser Video wachgerüttelt und erkannten das Problem, das sie haben. Wieder andere haben sich fürchterlich aufgeregt, weil sie durch eine Gewerbepflicht ihre Möglichkeit verlieren würden, sich als Hausmeister selbstständig zu machen, wenn eine Eintragung im Führungszeugnis oder ein anderes Hemmnis vorhanden ist. Wieder andere fürchten um ihre Existenz. Es geht ja auch um die, die einen Hausmeisterservice anmelden, um an der Handwerksrolle vorbeizukommen, aber nichts mit Hausmeisterarbeiten zu tun haben. Hier haben wir mit unserem Video auch Handwerkskammern wach gerüttelt.

Um diese erregten „schwarzen Schafe“ geht es Ihnen ja im Besonderen. Welche Ziele stehen denn ganz oben auf der Agenda des HBVD?
Es kann doch nicht sein, dass jeder sich in Deutschland mit einem Hausmeisterservice selbstständig machen kann, der auch nur weiß, wie Schraubendreher geschrieben wird. Rechtliche, technische oder steuerliche Fragen kennt er gar nicht oder nur bruchstückhaft. Wir finden es hervorragend, dass Sie mit Ihrer Akademie dies auch erkannt haben und verschiedenste Seminare für Hausmeister anbieten. Auch unser Vorstandsmitglied, Stefan Schütze, ist ja schon lange bei Ihnen als Dozent aktiv. Wir vom HBVD unterstützen Sie sehr gern bei dieser wichtigen Arbeit.
Bei uns ganz oben auf der Agenda: Genehmigungspflicht nach Gewerbeordnung für alle Neugründungen als Hausmeisterservice.

In Ihrem Video ist auch davon die Rede, aus dem Hausmeister einen Ausbildungsberuf machen zu wollen. Das dürfte ein aufwendiges Ziel sein. Halten Sie es wirklich für umsetzbar?
Oh ja, das wird ein sehr langer Weg. Aber er ist nicht aussichtslos. Wir haben in Deutschland die Meisterpflicht. Durch eine Novelle wurde diese vor Jahren aufgeweicht.
Zum Beispiel brauchten Friseure keinen Meisterbrief mehr. Bis man eines Besseren belehrt wurde und ganz schnell die Meisterpflicht wiedereinführte. Warum also nicht auch Hausmeister als Ausbildungsberuf?

Zum Beispiel, weil es noch Aufgabenbereiche geben sollte, die auch von ungelernten Kräften ausgeführt werden können? Wäre es nicht ausreichend, als Inhaber eines HMS seine Qualifikation belegen zu müssen?
Wer nur ganz kleine Arbeiten wie Rasenmähen oder mal eine Montage oder Demontage von z. B. Möbeln durchführt, könnte von der Gewerbeerlaubnis auf Antrag befreit werden. Aber sobald es technisch wird (z. B. bei Heizungskontrollen), muss eine Erlaubnis vorhanden sein. Das ist unsere Überzeugung.

Gibt es einfachere Pläne, die dem Wunsch nach mehr Qualifikation dennoch entgegenkommen?
Wir arbeiten an einer Standardisierung der Arbeitsabläufe, an Protokollen und anderen Formalitäten für unseren Berufsstand. Das ist aber ein weiter Weg, wofür wir Kontakte in die höchste Politik und anderen Berufsverbänden suchen um gemeinsame Ziele zu erreichen. Bereits heute haben wir regelmäßigen Kontakt und Austausch mit anderen sehr wichtigen Verbänden der Immobilienbranche.

Ein kluger Ansatz, den Qualitätsanspruch auch von außen, über die Hausverwaltungen, nach innen zu den Hausmeisterdiensten zu tragen. Aber droht mit Standardisierung nicht noch mehr „Auflagen- und Verwaltungsirrsinn“, der heute bereits beklagt wird?
Ganz klar: Nein! Denn bereits heute hat der Hausmeisterservice einiges an Papierkrieg zu erledigen. Einheitliche Formblätter, die am PC, Laptop oder Tablet ausgefüllt, gespeichert, archiviert oder per Mail verschickt werden können, sind eine Erleichterung und nachhaltig umweltfreundlich. Weg vom Papier – hin zum digitalen Hausmeister. Also leichter und umweltfreundlicher.

Was wäre dafür notwendig? Muss der HBVD nach Berlin reisen?
Um unsere Ziele zu erreichen, werden wir auf jeden Fall den Weg nach Berlin gehen. Bereits heute haben wir Kontakte zu verschiedenen Ministerien und auch zu politischen Arbeitsgruppen, die für uns wichtig sind. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir gern mit einer Delegation unseres Verbandes nach Berlin reisen.

In Ihrer Pressemeldung sprechen Sie davon, dass nun endlich eine Lobby, ein offener Austausch, gemeinsame Ziele ohne jegliches Konkurrenzdenken existieren würden. Existierte diese Möglichkeit denn bisher nicht?
Leider nicht. Jeder war der Karpfen in seinem eigenen Teich. Kaum jemand hat über den Tellerrand geschaut. Jeder hatte sein „eigenes Süppchen gekocht“. Jetzt besteht die Möglichkeit eines Austausches – ohne jeglichem Konkurrenzdenken. Das gibt allen sehr viel und wird gern angenommen.

Allerdings gibt es mit dem HBVD nun fünf Bundesverbände in Deutschland, die sich für Hausmeister, Haustechniker, Gebäudereiniger und Immobilienverwalter einsetzen. Hätten nicht auch Synergien gebündelt werden können?
Ich bin seit neun Jahren selbstständig in diesem Gewerbe unterwegs. Meine Mitstreiter im Verband oft länger. Keiner von uns kannte einen Verband. Wir sehen uns aber gegenüber anderen Verbänden auch nicht als abgeschottete Einheit, sondern sind gern für Kontakte und Austausch offen.

Hatten Sie selbst den Kontakt zu anderen Verbänden gesucht oder tun es möglicherweise jetzt?
Klar, wenn ich einen gekannt hätte oder dieser auf mich zugekommen wäre. Das möchten wir mit unserem HBVD jetzt ändern. Wir möchten auf unsere Berufskollegen zugehen. Möglichkeiten abstecken und neue Mitglieder für uns gewinnen. Denn wir halten unsere Verbandsarbeit für sehr wichtig für unseren Berufsstand.

Könnte es sein, dass die Sorge vor Mitbewerbern im Hausmeistergewerbe extrem hoch ist? Tauschen sich Firmen überhaupt untereinander aus?
Ohne Verbandstätigkeit kannte ich eine kleine Handvoll Marktbegleiter in meiner Region und darüber hinaus. Klar ist die Sorge vor Wettbewerbern immer extrem hoch. Aber wenn man das mal links liegen lässt und auf Augenhöhe ist, wird die Arbeit auch leichter. Austausch ist elementar wichtig. Und wenn ich für einen Auftrag eine bestimmte Maschine o. Ä. benötige, warum nicht mal eben vom Verbandskollegen ausleihen? Im Verband können wir auch bundesweit Objekte übernehmen und uns austauschen. Das ist für den Auftraggeber und auch für uns eine sehr interessante Sache.

Als Arbeitgeber stehen Sie selbst für faire Arbeitsbedingungen, attraktive Bezahlung und eine gute Work-Life-Balance. Und sie machen die Dinge gerne anders als andere. Ist das ein Erfolgsrezept, das sich übertragen lässt?
Klar lässt sich das auf alle übertragen. Unser höchstes Gut in unseren Mitgliedsunternehmen sind die Mitarbeiter. Sie sind das Wertvollste im Unternehmen. Eine Maschine kann ich mal eben neu kaufen. Einen Mitarbeiter muss ich motivieren und zeigen, dass er für das Unternehmen das Wichtigste ist. Hier helfen verschiedenste Arbeitsmodelle, die auf alle Mitgliedsunternehmen übertragbar sind. Beispiel: Jobrad. Als Mitgliedsunternehmen kann ich vielleicht bessere Konditionen für meine Mitarbeiter herausholen.
Und wer heute noch glaubt, dass er seine Mitarbeiter ausnutzen oder schlecht und unpünktlich bezahlen kann, der hat noch nichts vom Arbeitskräftemangel gehört. Ich spreche nicht vom Fachkräftemangel, den die Politik oder Wirtschaft immer anführt. Ich spreche von einem generellen Arbeitskräftemangel. Da muss ich als Arbeitgeber attraktiv sein – dabei hilft der Verband.

Laut statistischem Bundesamt gibt es ca. 31.000 Hausmeisterservices in Deutschland, diese erwirtschaften 9,4 Mrd. jährlich, bisher gänzlich unorganisiert. Was würden Sie diesen 31.000 Firmen raten wollen? Und warum?
Wenn ihr eure Selbstständigkeit als Vollexistenz ausführt, werdet Mitglied im HBVD! Nur gemeinsam sind wir noch stärker und können viel mehr erreichen als bisher. Und 9,4 Mrd. sind schon eine Wirtschaftskraft, die die Politik nicht auf dem Schirm hatte. Also ab auf unsere Webseite www.hbvd.eu und Mitglied werden. Diese 50 Euro im Monat lohnen sich auf jeden Fall!

Verbandsarbeit kostet viel Zeit und Engagement, letztendlich aber auch Geld. Wie finanziert sich der neue HBVD, was braucht er und was möchte er seinen interessierten Mitgliedern konkret anbieten?
Da gebe ich Ihnen recht. Unsere Verbandsarbeit kostet uns sehr viel Zeit. Aber wir haben die Aufgaben auf verschiedene Schultern verteilt. So macht jeder das, was er am besten kann, und es wird erfolgreich. Der Verband finanziert sich rein aus Mitgliedsbeiträgen. Aber auch das ist ein Wert, den man nicht verkennen darf, da wir damit gemeinsam unsere Ziele erreichen und vor allem eine Lobby schaffen. Nur gemeinsam sind wir stark und können sehr viel erreichen.

Wenn ich als Leser nun mit dem HBVD in Kontakt kommen möchte, wie lautet Ihr niedrigschwelliges Angebot?
Jeder kann auf unsere Webseite gehen, uns anrufen, eine Mail schicken oder wenn er einen Servicewagen eines unserer Mitglieder mit dem Verbandslogo sieht: Einfach ansprechen!

Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute!

Das Interview führte Andrea Schneider, Redaktion „Der Hausmeister“.

Zum Hintergrund

Grundsätzlich herrscht in Deutschland Gewerbefreiheit. Diese gilt immer dann, wenn die Gewerbeordnung keine Beschränkungen oder Ausnahmen nennt. Aus der Gewerbeordnung ergeben sich folgerichtig eine Reihe erlaubnispflichtiger Tätigkeiten, für die auch die persönliche Zuverlässigkeit nachgewiesen werden muss. Zu den Gewerben, die besondere Genehmigungen und Lizenzen benötigen, gehören bereits jetzt z. B. Handwerker und Wohnraumvermittler, nicht aber der Hausmeister. Die häufigsten zusätzlichen Lizenzen sind folgende:

  1. Ein Nachweis der fachlichen Fähigkeiten – in Form eines entsprechenden Zertifikats (Ausbildung, Weiterbildung, Studium, Unterrichtungsnachweis, Bescheinigung).
    Ein Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit – in Form eines polizeilichen Führungszeugnisses, ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister sowie eine sog. „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ vom Finanzamt.
    Ein Nachweis der sachlichen Umsetzbarkeit – in Form eines Nachweises der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Stichwort: Schuldnerverzeichnis) – sowie ein Nachweis, dass die nötigen Gewerberäume vorhanden sind und sich in einem dem Nutzungszweck entsprechenden Zustand befinden.
  2. Nachweis eine Haftpflichtversicherung und Auszug aus dem Handelsregister.

Aktuell aktive Verbände

Bundesverband der Haus- und Betriebstechniker (BdHB):
Der BdHB ist seit 40 Jahren Interessenvertretung und Austauschplattform für Haus- und Betriebstechniker im deutschsprachigen Raum. www.bdhb.de

Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks:
Vertritt die Interessen der Gebäudereiniger und bietet eine Plattform für den Austausch innerhalb der Branche. www.die-gebaeudedienstleister.de

Fachverband der Hausmeister und Gebäudedienstleister Baden-Württemberg e. V. (VHG):
Der VDH ist ein Berufsverband für Hausmeister, Hauswarte und Facility-Manager. www.hausmeister-verband.com

Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (VDIV):
Obwohl der VDIV nicht vorrangig für Hausmeister zuständig ist, vertritt er die Interessen von Immobilienverwaltern und kann somit möglicherweise auch für Hausmeister relevante Informationen bieten. www.vdiv.de

Hausmeister/Haustechniker Bundesverband Deutschland (HBVD):
Gegründet 2021, setzt sich für die Interessen von Hausmeistern und Haustechnikern in Deutschland ein. Ziel ist es, eine starke Lobbyarbeit und Vernetzungsmöglichkeiten für die Mitglieder zu bieten. www.hbvd.eu

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