Vermüllte Gemeinschaftsräume
Irgendwer räumt das dann schon weg…
Text: Uwe Czier | Foto (Header): © Tom Bayer – stock.adobe.com
Wohnungsverwahrlosung, Messie-Syndrom, Mietnomadentum: All diese Situationen verlangen dringend eine Handlung. Welche Rechte und Pflichten treffen hierbei den Hausmeister und wovon sollte er lieber die Finger lassen? Unsere dreiteilige Serie rund um (Zwangs-)Räumung schafft Klarheit.
Auszug aus:
DER HAUSMEISTER
Praxis – Technik – Sicherheit – Recht
Ausgabe Februar 2023
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INHALTE DES BEITRAGS
Was kann und muss ein Hausmeister tun?
Insoweit empfiehlt sich ein mehrstufiges Vorgehen
Ein Hausmeister wird immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen die Erwartungen an ihn hoch, seine Handlungsmöglichkeiten jedoch begrenzt sind. Dazu gehört der Umgang mit dem Anhäufen von Müll in verschiedenen Ausprägungen. Das reicht von vermüllten und verwahrlosten Wohnungen, von denen Geruchsbelästigungen und auch die Gefahr von Ungezieferbefall ausgehen, über wild – bspw. in einer Wohnanlage – abgelegten Müll bis hin zur Nutzung von Gemeinschaftsräumen als Außenlager der Wohnung, mit Dingen, die nicht mehr gebraucht werden.
Alles in allem handelt es sich dabei für die betroffenen Mitnutzer oder Nachbarn für verständliche und nachvollziehbare Ärgernisse. Nur: Was kann der Hausmeister dabei tun? Welche Rechte hat er? Welche Pflichten hat er? Und wovon sollte er besser die Finger lassen?
Zunächst ist festzustellen, dass auffällige Gerüche aus einer Wohnung noch keine Rückschlüsse auf eine Verwahrlosung dieser Wohnung zulassen. „Kulturelle Eigenheiten“, etwa ungewöhnliche Kochgerüche, können schon zu Beschwerden von Nachbarn führen, ohne dass dadurch ein unmittelbarer Handlungsbedarf entsteht.
Anders sieht es aus, wenn modrige oder muffige Gerüche aus einer Wohnung dringen, der Gestank auf Verwesung oder Fäulnis hindeutet oder wenn es offensichtliche Hinweise auf Ungezieferbefall in der Wohnung gibt. Dann besteht grundsätzlich Handlungsbedarf.
Zwar endet die Zuständigkeit des Hausmeisters grundsätzlich an der Wohnungstür. Ihm ist es ohne Zustimmung eines Eigentümers oder Mieters nicht erlaubt, eine Wohnung zu betreten, soweit ihn nicht eine akute Notlage dazu zwingt und berechtigt.
Was kann und muss ein Hausmeister tun?
Zunächst ist es möglich, Eigentümer oder Mieter der betroffenen Wohnung auf die Beobachtungen anzusprechen. Eine Verpflichtung dazu besteht für den Hausmeister allerdings nicht.
Bei Verwesungsgerüchen sollte dagegen nach dem vergeblichen Versuch, Kontakt mit einem Bewohner aufzunehmen, unverzüglich die Polizei gerufen werden, wenn keine Angehörigen bekannt oder erreichbar sind, die Zugang zu der Wohnung haben. Dies gilt auch, wenn beispielsweise Flüssigkeiten aus der Wohnung laufen. In anderen Fällen, in denen eine Geruchsbelästigung besteht oder in denen der Hausmeister aus eigener Anschauung oder aufgrund von Schilderungen aus der Nachbarschaft annehmen muss, dass eine Vermüllung oder gar Verwahrlosung der Wohnung vorliegt, muss der Hausmeister die Hausverwaltung und bei Mietwohnungen den Vermieter informieren, damit diese die notwendigen Maßnahmen treffen können. Dies muss er allerdings tun, weil es zu seinen vertraglichen Nebenpflichten gehört, alles zur Werterhaltung des Objekts zu tun.
Während die Vermüllung oder Verwahrlosung von Wohnungen oft auf soziale Störungen oder psychische Erkrankungen der Betroffenen zurückgeht, ist das unzulässige Nutzen von Gemeinschaftsräumen oder Gemeinschaftsanlagen zum Abstellen und Lagern oder zum stillschweigenden Entsorgen von Gegenständen, die nicht mehr gebraucht werden, eine leider weit verbreitete Unsitte, mit denen vor allem Hausmeister in Wohnanlagen oder Mehrfamilienhäusern immer wieder konfrontiert werden.
Das Hauptproblem dabei ist, dass die Verursacher in der Regel zunächst gar nicht bekannt sind. Für den Hausmeister heißt das, dass von ihm einerseits erwartet wird, dass er die missbräuchliche Nutzung zeitnah beendet, dass er auf der anderen Seite aber Gegenstände, die nicht offensichtlich wertlos sind, auch nicht entsorgen darf.
Insoweit empfiehlt sich ein mehrstufiges Vorgehen:
- Dokumentation der unerlaubten Lagerung, insbesondere durch Fotos, aus denen der Zustand der Gegenstände und der Umfang der Lagerung hervorgehen
- Oberflächliche Prüfung („Augenschein“), ob sich der Verursacher feststellen lässt
- Ist dies der Fall, dann sollte der Hausmeister entweder den Verursacher direkt auf das Verbot der Lagerung ansprechen oder den Hauseigentümer bzw. die Hausverwaltung über den Vorgang informieren, damit von dort aus die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung getroffen werden. Eine gleichzeitige Benachrichtigung direkt an den Gegenständen („Die Lagerung von Gegenständen im Bereich der Gemeinschaftsräume ist untersagt. Bitte beseitigen Sie die Gegenstände.“) kann hilfreich sein.
- Ist dies nicht der Fall, sollte ein kurzer Bericht an den Hauseigentümer oder die Hausverwaltung mit der Bitte erstellt werden, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
- Abhängig von der Hausordnung kann es dann genügen, den Eigentümer der abgelagerten Gegenstände durch Aushang aufzufordern, die Ablagerung innerhalb einer angemessenen Frist zu beenden, weil die Gegenstände ansonsten verwertet oder entsorgt werden. Über die Länge der Frist müssen der Hauseigentümer oder die Hausverwaltung entscheiden.
- Wenn dieses Vorgehen nicht vorgesehen ist, muss der Hauseigentümer/die Hausverwaltung in der Regel ein Rundschreiben an die Haushalte im Haus richten, mit dem der Eigentümer der Gegenstände aufgefordert wird, diese zu beseitigen, um eine Entsorgung zu vermeiden.
- Geschieht dies nicht, muss der Hauseigentümer oder die Hausverwaltung entscheiden, ob die Gegenstände eingelagert, verwertet oder entsorgt und damit vernichtet werden.
- Dem Hausmeister kommt dabei die Rolle der Überprüfung und ggf. der Entsorgung von wertlosen Gegenständen zu. Auch mit der Einlagerung oder der Überwachung der Entsorgung kann er beauftragt werden.
Wichtig für den Hausmeister ist, dass er immer Bericht erstattet und klare Anweisungen erhält. Bei Unklarheiten sollte er nachfragen und sich alle Aufträge schriftlich geben lassen, um keinen Haftungsansprüchen ausgesetzt zu sein. Wenn sich im Nachhinein Beschwerden ergeben, sollte der Hausmeister in keinem Fall darauf reagieren, sondern immer auf den Hauseigentümer oder die Hausverwaltung verweisen. Damit vermeidet er auch unnötige Diskussionen vor Ort.
Begriffsunterscheidung
Vermüllung einer Wohnung liegt vor, wenn die Wohnung weit über das normale Maß mit Gegenständen gefüllt wird, die eine normale Pflege und Reinigung der Wohnung nicht mehr zulassen. Von Vermüllung in diesem Sinn spricht man auch, wenn die dort gelagerten Gegenstände grundsätzlich noch genutzt werden können.
Verwahrlosung bedeutet, dass eine Wohnung weiter über das normale Maß hinaus mit Gegenständen angefüllt wird und dass davon Belästigungen wie Gerüche, Ungezieferbefall und ggf. Gesundheitsgefährdungen für den oder die Bewohner ausgehen.
Das sog. „Messie-Syndrom“ bezeichnet das außer Kontrolle geratene Ansammeln von Gegenständen in einer Wohnung, was zur Vermüllung oder Verwahrlosung der Wohnung führt. Die Gründe sind vielfältig und können von sozialen Störungen bis hin zu psychischen Erkrankungen der handelnden Personen reichen.
Teil 2 im nächsten Heft: Die Rolle des Hausmeisters bei Zwangsräumungen.
Der Autor
Uwe Czier ist bei der Stadtverwaltung Stuttgart in unterschiedlichen Funktionen in den Bereichen Öffentliche Sicherheit, Straßenrecht und allgemeine Verwaltung tätig. Er arbeitet nebenberuflich in der Erwachsenenbildung und im Bereich Journalismus.